Ich wollte unbedingt mal noch eine Skitour machen diesen Winter. Im frühen März war es soweit. Ich hatte verschiedene Optionen in der Schweiz geprüft, doch es wollte nicht sein. Die eine war bereits voll, und eine andere wurde aufgrund der Wetterverhältnisse abgesagt.
So stiess ich plötzlich auf einen Flyer vom Alpenclub Südtirol. 4 Skitourentage mit Übernachtung in einem Wellnesshotel in Montafon – das hört sich ja toll an! Ich rufe die Telefonnummer an und erkundige mich, ob denn noch ein Platz frei ist. Leider Nein. Schade. Ein Tag später dann der Rückruf von der Organisatorin, es hätte einer abgesagt und ich könne kommen. Bereits am nächsten Tag ginge es los, ich nehme mir kurz etwas Bedenkzeit, prüfe nochmals die Karte. Das Gebiet ist gleich an der Schweizer Grenze; Ok, Common, das ist doch eine Gelegenheit. Und erst noch mit dem Alpenclub (offiziell Alpenverein, hat sich bei mir Alpenclub eingeprägt) Südtirol. Ich rufe zurück und sage zu.
Und so mache ich mich ein Tag später auf Richtung Gargellen. Ein kleines Dorf in der Nähe von Bludenz. Ich freue mich und bin gespannt auf die Tage, ohne zu wissen was mich genau erwartet. Pünktlich auf das Abendessen truddle ich ein. Die Südtiroler sind vom Südtirol aus gekommen und haben auf dem Weg schon die erste Skitour eingelegt. Ich stelle mich bei der Gruppenleiterin vor und am Tisch nebenan hat es noch einen Platz für mich frei. Bei Hansi und einem sympathischen Päärchen (…hach ich und Namen, es sei mir verziehen). Von Anfang an werde ich super aufgenommen. Das Essen ist ein Gaumenschmaus. Für mich absoluter Luxus, ich bin mir nicht gewöhnt in so noblen Hotels zu essen und zu übernachten. Und ja, es wird auch richtig gut Wein getrunken, und das bestimmt nicht erst seit ich da bin…
Die Zimmereinteilung sieht vor dass ich in einem 4-er Männerzimmer bin. Und weil die alle schon ihre Betten und Plätze besetzt haben, ist das einzig freie Bett neben Heindl. Mein erster Eindruck war nicht grad der Beste, hatte er an diesem Tag definitiv zu viel getrunken und mich schon beim Abendessen mind. drei mal gefragt, woher ich denn komme (und ich geb mir da schon auch Mühe Hochdeutsch zu sprechen). Nach der langen Autofahrt hatte ich wirklich keine Lust auf eine mühsame Nacht. Frage den Hotelmanager ob er noch ein Einzelzimmer übrig hat, aber nein, keine Chance, alles voll an diesem Abend. Ich versuche mich vor Heindl schlafen zu legen, kann aber nicht einschlafen. Die Geräusche meines Bettpartners waren dann eine Mischung aus reden, träumen und schnarcheln in ordentlicher Lautstärke mit viel Bewegung und so endete es damit, dass ich die erste Nacht im wunderschönen 4-Sterne Hotel auf dem Boden verbrachte. Wahrlich nicht grad der Start den ich mir vorstellte…
Am Morgen hiess es dann Segel neu richten und Frohen Mutes nach vorne schauen und den ersten Skitourentag in Angriff nehmen. Die Stimmung am Morgenbuffet war gut, wie eigentlich fast immer die Tage. Die Südtiroler amüsierten sich ab den Vortag- und Vorabendgeschichten und eines sei noch erwähnt, im Verlaufe der Tage stellte sich heraus dass der Heindl ein ganz flotter, witziger und sympathischer Kerl ist. Aber so geht das halt manchmal wenn bei der ersten Begegnung zweier Menschen (zu) viel Alkohol im Spiel ist.
Dann ging’s los. Ich hatte mir vorab noch einiges an Ausrüstung ausgeliehen. Ob ich alles dabei hatte? Wenn ich mir die anderen anschaute, das sieht alles so professionell aus! Sie meinen meine Bindung, das sei total veraltet. Nun, sei’s drum, für mich ging es primär mal darum, ins Skitourenfeeling reinzukommen. Wir starteten direkt vom Hotel aus und schnell zeichnete sich ab, dass ich das Tempo der Gruppe nicht mitgehen kann. Nachdem ich die gleichen Leute am Vorabend am Buffet kennenlernte, hätte ich NIE und nimmer gedacht dass die so einen Zug auf den Berg legen. Ohne Pausen, Schritt für Schritt, Zug um Zug, den Berg hoch. Ich kämpfte schon bald mit Blasenerscheinungen und es blieb mir nichts anderes übrig als mein Tempo zu gehen. Michi, einer der Gruppenleiter, kam mit mir mit. Wir schafften es bis zu einer Hütte unterhalb vom Gipfel. Immerhin, dachte ich, und schaute hoch, wie die anderen nach und nach den Gipfel erreichten. Nicht das schönste Gefühl, doch akzeptierte ich dass an diesem Tag für mich nicht mehr drin gelegen war. Der erste Tag war auch der Tag, wo der innere Schweinehund am lautesten war, und ich keinen guten Weg fand, mit diesem umzugehen. Die Tour an diesem Tag: über 20km, gut 1400 Höhenmeter, rund sieben Stunden unterwegs. War jetzt auch nicht grad eine Einstiegstour, doch wenn sie alle das können, zum Teil mit über 70 Jahren, dann sollt‘ ich das doch auch hinbekommen. Im Wellnessbereich erholte ich mich von den Strapazen. Das tat gut. Und ging an diesem Abend dann auch seriös früh ins Bett, um gut zu schlafen und weil mich nun auch der Wille packte, zumindest einmal in diesen Tagen mit der Gruppe den Gipfel zu erreichen und ein Foto mit der Südtiroler-Flagge zu knipsen.


Am zweiten Tag war ich motiviert, es besser zu machen. Und ich wusste schon eher, was auf mich zukam. Anstatt eine langgezogene Tour ging es von aller Anfang an den Berg hoch. Wiederum kam Michi mit mir und zusammen mit Hansi bildeten wir eine amüsantes 3er-Gespann am Ende der Gruppe. Zwar am Ende, aber immer mit Sicht auf die Hauptgruppe; ja, sie waren weniger weit weg als noch am Tag zuvor. Am zweiten Tag ging es mir auch innerlich besser, ich war ruhiger, fand mehr und mehr meinen Rhytmus und aus dem Kampf wurde – nicht grad Genuss – aber es wurde angenehmer. Nach rund 4 Stunden erreichten wir das Gafierjoch. Ein Gipfel mit wunderschöner Weitsicht auf die Prättigauer-Bergwelt und das Montafon-Gebirge. Solche Momente entschädigen dann für den anstrengenden Aufstieg. Vom Gafierjoch ging die Hauptgruppe dann nochmal rund hundert Meter hoch, Michi meinte, es wir statt wäre besser statt ganz zum Gipfel hoch die Abfahrt auf der Seite nehmen, weil wir so im schattigen Hang mit besseren Schneeverhältnissen runterfahren können. Auch wenn ich gern ganz hoch wäre, war es die richtige Entscheidung. Es war eine abenteuerliche, schöne Abfahrt den Tiefschnee runter. Mal durch offenes Gelände, mal durch Felssteine, und mal durch Gebüsch hindurch. Bis wir wieder bei der gleichen Beiz landeten wo sich die gesamte Gruppe auch am gestrigen Tag nach der Skitour getroffen hat. Euphorisiert von diesem Tag war ich nun auch in Après-Ski Laune. „Berg heil, Tal heil“, floss das Bier erst in der Beiz, und dann auch noch die Schnäpse unten im Tal. Mal mit Tirolern-Liedern, mal mit Schweizer-Klassikern. Es sei hier erwähnt dass die Tiroler nicht nur beim Tourenaufstieg, sondern auch beim Après-Ski einen ordentlichen Zug draufhaben. Beim Nachtessen hiess es dann mal wieder „Wo ist der Schweizer?“, und nun, der hat frühzeitig seinen Rausch ausgeschlafen.






Und so stand bald schon der letzte Tag auf dem Programm. Auch wenn der zweite Tag gut war, es hatte einen Haken, ich hatte immer noch kein Gipfelfoto mit Südtiroler-Fahne, heute war die letzte Chance. Währenddessen die Gruppe mit dem Car schon ein Stück vorabging, fuhr ich mit meinem VW-Bus hinten nach. Wir trafen uns dann etwas talauswärts bei einem anderen Skigebiet. Hier war’s nun wirklich frühlingsmässig warm, grün und die Bedingungen nicht mehr schön. Dennoch hiess es noch einmal: Hoch auf den Berg. Ich spürte noch etwas den Alkohol vom Vortag, doch aufgeben war heute kein Thema, erst stetig die Skipiste und dann den Gipfel hoch. Ich zählte die Schritte, lief in meinem Rhytmus und erreichte den Gipfel kurz nach, aber mit der Gruppe. Doch noch! Ein schönes Gefühl. Die Südtirol-Fahne wurde ausgepackt und so kam auch ich noch in den Genuss eines Gipfelbestiegs mit einer Gruppe sympathischer Südtiroler und Südtirolerinnen. Und wenn die Stimmung innerhalb der Südtiroler mal nicht ganz einig und rosig ist, drückt dann auch in solchen Momenten der Humor durch; wie macht man ein gutes Foto wenn das Kreuz falsch steht? „Muasch halt s’Chröiz veschiebä.“ 😂







Beim letzten Anstossen an der Bergstation brach die Gruppe auf Richtung Talstation und Heimweg, der Car-Chauffeur überreichte mir seinen Essensgutschein, so dass ich als frischgebackener Chauffeur noch was essen konnte. Ich verabschiedete mich von der Gruppe und von der ein oder anderen Legende, die ich alle in diesen Tagen in’s Herz geschlossen habe. Und gönnte mir als Abschluss eine Portion Käsespätzle.
Unsere Nachbarländer können nun auch beruhigt aufatmen: Nicht alle Schweizer sind Odermatts und auf den Ski’s gleich weltmeisterlich unterwegs. Aber ich hab mal Skitouren-Luft geschnuppert, und realisiert, dass das gar nicht so einfach ist, wie’s ausschaut. Es ist ein reinkommen, doch je mehr man seinen Rhytmus findet, wird es leichter und angenehmer. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön an den Alpenclub Südtirol dass ihr mich so gastfreundlich aufgenommen habt. Es war mir eine Freude und eine Ehre ein paar Tage mit euch unterwegs zu sein. Griaß di!
Zum Schluss ein paar wichtige Südtiroler Ausdrücke:
- Idiotenhigl – Hügel um Skifahren zu lernen
- net gonz cento – nicht alle Tassen im Schrank haben
- Bürohansl – jmd. der nicht mit Werkzeug umgehen kann
- Gurglpropeller – Krawatte
- Kirbisgrind – rundes, volles Gesicht
- di fuchs leddo schuiche unhobm – andauern unterwegs sein
- Eierer – Nervensäge
- Brunzbuschen – Schambehaarung
- Farzlschmecker – jmd. der alles ganz genau nimmt
- Fettsack – Kumpel
- Oachkatzl – Eichhörnchen
- oan schiabn – furzen
- Extrakommitarier – Einwanderer
- Beißwurm – Schlange
- Gschpusi – Liebelei
- Groaßkopfetr – Intellektueller
- Scheißheisl – Toilette
- an zottltn setzn – Stuhlgang
- cotto – fertig, müde
- an Offn hobn – betrunken sein
- bam Kravattl pockn – jmd. zur Rede stellen
- Eschtngagiggile – Nesthäckchen
- Fetzbirscht – weiblicher Genitalbereich
- Kugln – Hinfallen
- Mamapoppele – Muttersöhnchen
- Zöttln – lange, eher ungepflegte Haare
- gurkn – sehr langsam fahren
- zommkemmen – zusammenkommen
Super jan und wenn mol in südtirol bist ruf mi an 3484430720
Hallo Ja. Du kamst so wie du bist und du gingst so wie du bist. Wir hatten ein paar schöne, interessante und entspannte Stunden/Tage mit dir. Die Welt ist so klein und das Leben ist zu kurz, aber solche Typen wie du, erweitern einem den Horizont.
Es war mir eine Ehre, dich kennen zu lernen. Grüße aus Südtirol. Berg Heil.