Migros reitet auf Frischluft-Welle; Coop versteht die Welt nicht mehr

Es sind unfaßbare Szenen die sich momentan abspielen in der Schweiz! Vor gut einer Woche hätte sich dies noch kaum jemand vorstellen können. Nachdem der neue Migros-Geschäftsführer Patrick Frischluft letzten Donnerstag bekanntgab, ab Sommer 2021 nur noch Ungeimpften den Zutritt zum Fachhandel zu gewähren und die Corona-Massnahmen einzustellen, wurde der Entscheid aufgrund der politischen Dringlichkeit bereits auf diese Woche vorgezogen. So war bereits am Montag, dem 1. März 2021, der erste Tag, an dem nur noch Ungeimpfte ihren Einkauf in den Migros-Filialen vollziehen konnten.

Mit Spannung erwartete die Medienlandschaft die Entwicklungen dieser Woche. Würde Coop den Mitstreiter nun deutlich abhängen, oder wirkt sich die Entscheidung der Migros entgegen aller Erwartungen gar positiv auf die Umsatzzahlen aus?

Am Montag war es soweit. GnueHeuDunge war bei einer Migros-Filiale in Bern live vor Ort – neben einem kleinen Grüppli Impfbefürworter, die lauthals «Frischluft raus» skandierten, standen schon lange vor Ladenöffnung hunderte von Konsumenten Schlange und erwarteten sehnlichst das neue Einkaufserlebnis. Als um 8 Uhr die Türen aufgingen betraten die Konsumenten den Supermarkt. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht warfen sie ihre Masken kurzerhand an den neu formierten Maskenständer beim Eingang und man lese und staune, sie gingen wie Menschen aufeinander zu – es waren tatsächlich zwischenmenschliche Begegnungen zu sehen – die Menschen sprachen miteinander! Sie sprachen und lächelten miteinander! Ein wunderschönes Bild; wer hätte das in der heutigen Zeit noch für möglich gehalten!? In den Lautsprechern ertönte «You spin me round round» und sogar ältere Konsumenten tanzten freudig beschwingt mit ihren Einkaufswägelis durch die Warenregale und packten ein was das Zeug hielt; es herrschte wahrlich eine euphorisierte Atmosphäre.

GnueHeuDunge nutzte die Möglichkeit, um mit einigen der Besuchern zu sprechen. Die 87-jährige, leicht humpelnde Elsa aus dem Breitenrain war schon um 7 Uhr in der Früh vor Ort, um ja als eine der ersten Besucherinnen ihren Wocheneinkauf tätigen zu können. Mit einem Augenzwinkern sagt sie zu unserem Reporter: «Beinahe hätt ich mich geimpft! Aber als ich diesem Frischluft letzte Woche zuhörte und das Ganze nochmals reflektieren konnte, da musste ich mir eingestehen, dass er nicht ganz Unrecht hat. Wir werden wohl auf falsche Fährte geführt und ich möchte nicht, dass meine Enkel in einer Zweiklassengesellschaft aufwachsen. Niemand sollte diskriminiert werden, aber ich respektiere es, wenn einer ein Zeichen gegen die aktuellen Entwicklungen setzt.»

Der 24-jährige Matti aus der Lorraine meint: «Endlich ein Unternehmer mit Eiern in den Hosen! Einer der es noch gut meint mit den Menschen, nicht nur der Politik klein beigibt und auf Zahlen fixiert ist. Während Jahren war ich ein Coop-Kind. Aber diese Zeiten sind vorbei. Ab sofort heißt es: Ein Atemzug besser!»

Der 68-jährige Walti aus den Tiefen des Emmentals sagt in urchigem Berndeutsch: «Dä Dräckslumpe hanget mer scho sit Monate usem Haus use. Ändlech wieder Gsicht zeige! Ändlech wieder Mönsch si!» Kurzerhand nimmt er einen frischgepressten Apfelsaft aus den landeigenen Apfelbäumchen hervor, stößt mit unserem Reporter an und verabschiedet sich mit einem lauten «Machet’s guet! Tschou zäme!»

Ds Vreni, nunmehr seit 28 Jahren als Kassiererin in der Migros-Filiale arbeitend, pflichtet mit Freudentränen in den Augen bei: «Die letzten Monate waren eine Qual. Ich bin ein Mensch, ein fühlendes Wesen, kein Roboter. Diese Atmosphäre war nicht mehr auszuhalten. Das jetzt plötzlich wieder eine Menschlichkeit bei uns zu spüren ist, das tut meiner und der Seele ganz vielen anderen Angestellten sooooooo gut!

Beim Hinauslaufen machte GnueHeuDunge auch noch bei den Impfenden halt. Uwe schimpft: «Lächerlich diese Ungeimpften! Da beschweren sie sich über eine Zweiklassengesellschaft und jetzt springen sie auf den umgekehrten Zug auf!» Hierzu wird in den Medien bereits fleißig spekuliert, ob Frischluft’s Entscheid lediglich ein temporärer Schachzug sein soll um die Aufmerksamkeit auf die aktuelle Thematik zu lenken oder ob dies gar auf Dauer so bleiben wird?

Am Nachmittag nahm es unseren Reporter natürlich auch noch Wunder, wie es in der Coop-Filiale nebenan ausschaute. Und siehe da: Gähnende Leere, die Stimmung wie gehabt in den letzten Monaten bedrückt, die Konsumenten versteckten sich hinter der Maske, gingen einander aus dem Weg, erledigten schnellstmöglich ihre Einkäufe um dann so bald wie möglich wieder in ihren Kämmerchen zu verschwinden. Filialleiter Daniel Schafhirt erklärt: «Noch letzte Woche haben wir angestoßen, weil wir dachten jetzt hängen wir die Migros definitiv ab. Das jetzt alles anders kommt ist für mich nicht zu erklären. Aber klar, das Durchschnittsalter der Geimpften ist nicht gerade tief, die legen einfach nicht den gleichen Hunger an den Tag wie die Ungeimpften».

Ende Woche fragt sich manch einer; wie haben sich die sich überschlagenden Ereignisse auf die Zahlen ausgewirkt? Als diese gestern Samstag bekanntwurden kam so mancher Experte aus dem Staunen nicht mehr heraus. Trotz der negativen Medienpräsenz scheint die Bevölkerung den Entscheid Frischluft’s zu goutieren und zum ersten Mal seit langem findet sich die Migros in den wöchentlichen Umsatzzahlen wieder vor dem großen (kleinen?) orangen Bruder. Immerhin: Als kleiner Wermutstropfen hat Frischluft angekündet, die noch haufenweise im Vorrat gelagerten Masken umgehend und kostenlos der Coop Genossenschaft zu übermitteln. Ein Zeichen der Solidarität, die nach wie vor großgeschrieben wird – die Frage ist einfach, in welchem Sinne?

Abschließend lässt sich Ende Woche sagen: Man kann von Frischluft halten, was man will. Eines hat der unpopuläre Entscheid aber gezeigt: Die Stimmung in der Schweiz ist gekippt. Die Menschen schlucken nicht mehr alles und sehnen sich nach Persönlichkeiten, die sich wirklich für das Wohl der Menschen einsetzen. Bahnt sich nun gar ein Wandel an? Gelingt es den Menschen hierzulande doch noch, sich die Freiheit wieder zurückzuholen? Ist die drohende Zweiklassengesellschaft noch abzuwenden? Werden weitere Unternehmer, Künstler und Stimmen folgen, die mutig vorangehen und für die Menschlichkeit einstehen? Die Zukunft wird es zeigen. GnueHeuDunge bleibt am Ball.

Ps. Dies ist der zweite Teil der GnueHeuDunge-Satire zum aktuellen Geschehen. Den ersten finden Sie unter folgendem Link: https://gnueheudunge.ch/?p=3030