Was ein Monat Indien mit einem machen kann

Wie kommt man nach einem Monat Indien in die Schweiz zurück?

Als erleuchteter Shiva? Als Dealer, mit einem Gepäcktäschchen voll feinstem, reinstem indischen Haschisch? Als Yogi, beide Beine hinter dem Kopf verschränkt? Als Ayurveda-Experte, das Gepäck geschmückt mit den auserlesensten indischen Heilkräutern? Als spiritueller Pilgerer, getrennt von seinem Hab und Gut, nur noch mit Notizbuch unterwegs? Als Streetfood-Koch mit himmlischen Rezepten und den intensivsten Gewürzen aus der alten Hindu-Küche? Als Bergspezialist mit der Nase für die spektakulärsten Trekks im Himalayagebirge? Oder doch als Tantra-Magier, der sexuellen Energie und sämtlichen Sinnen bewusst, wo Maskulines und Feminines im göttlichen Eins-Sein verschmelzen?

Die Wahrheit ist, ich habe in Indien den Bünzli-Schweizer in mir entdeckt. Viele Jahre habe ich gesucht, und dachte ich wäre frei von ihm. Nun musste ich anerkennen, dass er auch in mir existiert. Hab mir in der Metro gedacht „Ach lasst doch die Leute aussteigen“, im Tuk-Tuk „Fahr doch nicht so schnell und warum funktioniert denn das Hinterlicht nicht?“, oder „Ständig dieses Gehuupe u näht doch euä Küüüder mit!“.

Nun, ist natürlich überspitzt formuliert, und hat nicht unbedingt mit bünzlig zu tun, sondern viel eher mit einem anderen Menschenverstand aus einer anderen Kultur. Indien hat mich gelernt, wie gegensätzlich Kulturen sein können. Das Beides funktionieren kann. Das Beides seine Annehmlichkeiten und Widrigkeiten hat. Nach ein paar Tagen wollte ich wieder weg. Geblieben bin ich ein Monat. Ich lernte mich unter anderen Umständen zu entspannen und mit diesen mitzugehen. Gelungen ist es mir nicht immer, aber im Laufe der Reise immer öfters.

Indien ist auch ein guter Spiegel für das eigene Innenleben. Bin ich relaxt, entspannt und frohgesinnt, tun sich die Sonnenseiten auf – Farben, Düfte, Geschmäcke, offene und aufgeschlossene Menschen. Bin ich innerlich gestresst, ist es mühsam, anstrengend und es sind die Schattenseiten Indiens die sich offenbaren. Es ist ein Land der Gegensätze, hier schön und reich, da arm und dreckig. Hier laut und pompös, da still und besonnen. Alles ist nah beieinander. Es pulsiert. Es lebt. Es passiert ständig etwas. Regeln gibt es kaum… ausser Schuhe, wehe die sind nicht abgezogen! 😉

Meine Highlights waren im Ganges ein Bad zu nehmen. Oft hatte ich gehört vom heiligen Wasser, von Wunderheilungen die dort stattfanden, und dachte mir „Jaja“; und dann doch, das Bad war sehr erfrischend und ich hatte noch nie so weiche, schmiegsame Haut wie nach dem Bad im Fluss vom Ganges.

Oder eines späten Abends eine Hochzeit zu crashen, mit den Indern mitzusingen und mitzutanzen, und mir für einen Moment wie ein eingeflogener Promi vorzukommen (Witzig war’s! Ich sehne mich aber noch nicht danach ein Promi zu werden. Höchstens ein Cervelat-Promi, mit Cervelat am Lagerfeuer vom Oberländer Alpenschwein).

Interessant war auch das Ganga-Aarti. Die allabendliche Zeremonie am Ganges. Die Menschen putzen sich fein raus, erstrahlen in allerlei bunten Farben, kommen zusammen, dann wird gesungen, gebetet und im Laufe der Zeremonie die Lichter und die Kerzen entzündet. Ein schönes Ritual und für einen Moment stellte ich mir vor, so eine Zeremonie auch hier ins Leben zu rufen. Oder einfach Abends rauszugehen, mit offenen Augen durch die Gassen zu spazieren, und schauen was passiert.

Bei den Tempeln, da ist’s oft Geldmacherei. Es dreht sich ums Geschäft und kam mir eher wie scheinheilige Spiritualität vor. Als ich ein Tag mit dem Roller ein Ausfährtchen machte (etwas nett ausgedrückt für indische Strassenverhältnisse), stiess ich auf einen abgelegenen Ashram und machte dort die spontane Bekanntschaft mit einem Guru. Er interessierte sich für mich, wirkte menschlich, auf dem Boden geblieben, und er lebt dort weil er das für sich macht und nicht des Geschäftes wegen. Das war schön und dort durfte ich die spirituelle Kraft einer Begegnung erfahren.

Zu guter Letzt trifft man in Indien spannende und interessante Reisende, ich bin etwas flexibler dank der Yoga-Stunden und tauchte die letzte Woche noch in die imposante Bergwelt des Himalayas ein. Nicht mittendrin, aber am Rande, bei einer Trekkingtour im Chopta-Tal. Und konnte so auch noch das ländliche und etwas ursprünglichere Indien kennenlernen, mit heimischen Kindern Cricket spielen und viel frische Bergluft schnappen. Tiger und Leoparden sind mir keine über den Weg gelaufen, dafür allerlei Hunde, Affen und Kühe (wobei die erstaunlich gut ausschauen!).

Indien hat mich gleichwohl fasziniert wie angestrengt. Ein Hauch Indien würde bestimmt auch der Schweiz gut tun, und dennoch hab ich mich auch kaum je so gefreut wieder in die Heimat zurückzukehren. Ich weiss die Ruhe und Sauberkeit hier nun noch etwas mehr zu schätzen.

In diesem Sinne; Namaste & Hopp Schwiiz!

Euer Bünzli for Life 😉

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